Herausforderungen des Alltags – eine Anekdote, erzählt von Carol Sarbach

22. Mai 2025Aktuell

Bei uns im Haus Herbschtzytlos setzen wir unter anderem die Hausarbeit ein, um die uns anvertrauten Menschen zu integrieren und zu therapieren. Ähnlich wie in einer grossen Familie, kommt es auch bei uns manchmal vor, dass sich die Lust auf das Erledigen von Aufgaben in Grenzen hält. Daraus können Konflikte entstehen, die es zu lösen gilt, damit Harmonie die Beziehungen zwischen unseren Angestellten und den Gästen prägt. Dabei helfen uns Diplomatie und ein gesunder Humor. Die folgende Geschichte beschreibt eine Situation, wie wir sie bei uns immer wieder erleben.

Frau A., Herr B. und der Abwasch

Es war kurz vor Feierabend, als ich das lebhafte Gespräch zweier Gäste hörte. Ihre Stimmen klangen verärgert und meine Neugier trieb mich zu ihnen in die Küche. Dort angekommen, sah ich Frau A. und Herrn B., die gemeinsam den Abwasch erledigten. Sie beschwerten sich lautstark darüber, dass das gesamte Personal verschwunden sei und sie den ganzen Abwasch alleine bewältigen müssten. Ihre Frustration war spürbar und sie baten mich, ihnen zu helfen. Solche Aufgaben werden bei uns wie in einer Familie verteilt. Jedes Mitglied der Gemeinschaft leistet seinen Beitrag, auch wenn die Motivation mal etwas niedriger ist. So brauchte ich eine Ausrede und sagte, dass ich nach den Angestellten suchen würde.

Zuständigkeiten klären

Eine Etage höher traf ich auf eine Mitarbeiterin, die mir die Situation erklärte. Sie und ihre Kollegin hatten sich zurückgezogen, weil sie bemerkten, dass die Arbeit lieber auf sie abgewälzt wurde. Sie wollten den Gästen die Möglichkeit geben, selbst aktiv zu werden. Ich fungierte somit als Vermittlerin und erklärte Frau A. und Herrn B. die Aufgabenteilung, bevor ich mich schliesslich auf den Heimweg machte.

Die Einsicht und der Lohn

Am nächsten Tag erzählte mir die Mitarbeiterin von einem besonders berührenden Moment. Herr B. hatte sich bei ihr bedankt, als er zu Bett ging. Er sagte, wie schön es hier sei und wie sehr er es geniesse, etwas Sinnvolles zu tun. Dieser Moment von Herz zu Herz war für sie sehr bewegend und erfüllte sie mit einem tiefen Gefühl der Zufriedenheit. Sie ging mit einem Lächeln nach Hause, erfüllt von der Gewissheit, dass ihre Arbeit einen echten Unterschied macht.

Bereit zum Mithelfen – unsere Gäste schätzen, dass wir Sie im Alltag mit einbeziehen. (Foto: Rdne / pexels)

Sinnvolle Aufgaben für ein höheres Selbstwertgefühl

Solche Alltagsaktivierungen, wie sie hier im Haus Herbschtzytlos gelebt werden, sind von grosser Bedeutung in der Begleitung von Menschen mit Demenz. Sie geben den Betroffenen das Gefühl, gebraucht zu werden und eine sinnvolle Aufgabe zu haben. Dies fördert nicht nur ihr Wohlbefinden, sondern auch ihre kognitiven Fähigkeiten und ihr Selbstwertgefühl. Aktivierungen wie das Abwaschen und Trocknen helfen, die Menschen zu integrieren und ihnen das Gefühl zu geben, Teil einer Gemeinschaft zu sein.

Rückblick auf die Situation in der Küche

Manchmal sind diese Momente einfach zum Schmunzeln. Als ich Frau A. und Herrn B. in der Küche sah, wie sie sich über das verschwundene Personal beschwerten, konnte ich mir ein Lächeln nicht verkneifen. Ihre Empörung war so echt und gleichzeitig so komisch, dass ich fast ein lautes Lachen unterdrücken musste. Und als ich ihnen sagte, dass ich nach den Angestellten suchen und nach dem Rechten sehen würde, fühlte ich mich wie ein Detektiv auf der Spur eines grossen Geheimnisses. Und dann wie ein Verbrecher, der sich auch noch aus dem Staub macht.

Konflikte gehören zum Leben in einer Gemeinschaft dazu

Wie überall, wo Menschen zusammen leben, gibt es auch bei uns manchmal Konflikte. Wir legen grossen Wert darauf, diese auszutragen in einer offenen und direkten Weise. Dadurch fördern wir die emotionale Ausdrucksfähigkeit und helfen den Menschen, Stress abzubauen. Es ist wichtig, dass solche Diskussionen stattfinden dürfen und dass sie in einem respektvollen Rahmen ablaufen. Was allgemein in der Gesellschaft für Harmonie sorgt, gilt auch für Menschen mit Demenz.

Aktivierungen nutzen für das echte Leben

Es sind diese Augenblicke, die uns daran erinnern, wie wichtig es ist, Menschen mit Demenz ein Gefühl der Zugehörigkeit und Sinnhaftigkeit zu geben. Durch die Integration und das Ausführen von Aufgaben, die einen Beitrag zum Allgemeinwohl leisten, können sie ihren Lebensabend in Würde und Freude verbringen, getragen von unserer Vision, ihnen ein authentisches Dasein zu ermöglichen. Auch das Debattieren und die kleinen Herausforderungen des Alltags gehören bei uns dazu und bedeuten Leben.

Erfahren Sie mehr zu unserem eigenen Betreuungskonzept vida cotidiana® und wie wir den Alltag mit unseren Gästen leben.

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